1996
Fortsetzung / Continued
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Kenroku-En
Herrliche japanische Nadel- und Laubhölzer
Majestic Japanese Firs and leafy Trees
im/in Kenroku-En Garten/Garden
in Kanazawa
Tourist spielen in diesem herrlichen Garten
Playing Tourist in this Exquisite Garden
Besonders aufgefallen ist mir hier der herrliche Moosteppich unten den alten Bäumen. Moosarten verschiedenster Art bilden ein weiches Unterkleid (wie Tatami Matten) für diese ehrfürchtigen alten Schattenspender. Das Moos darf man natürlich nicht betreten, ich habe an einer Stelle aber doch mal liebevoll gestreichelt. Leider gab es um diese Jahreszeit (Juni) recht wenig Blumen, aber ich konnte doch noch einige der letzten Exemplare der herrlichen dunkel-blau-lila Irisblühten bewundern die rechts und links neben einem kleinen langgestreckten See wohl zu Tausenden vor ein paar Wochen noch geblüht haben müsen. -- Mit dem Wetter haben wir mal wieder Glück gehabt, denn für unseren Gartenrundgang hat es aufgehört zu regnen, es kam sogar für ein paar Minuten die Sonne raus. -- Besonders schön sahen auch die Teiche mit ihren vielen Inselchen aus, man konnte sehen daß das Ziel der Gärtner hier, die Harmonie für´s Auge war.
In einer Ecke des weitläufigen Gartengeländes lag eine sehr alte historische Villa. Es war die Residenz der Mutter vom alten Lord Ma-eda, und man konnte einen Blick in´s Innere werfen. Wieder mußten die Schuhe von den Füßen und kamen in ein kleines gebührenpflichtiges Schließfach am Eingang. Und wieder liefen wir auf diesen herrlichen Tatami Matten herum und betrachteten die Ausstellungsstücke dieser herrlichen alten Villa. Da gab es wunderschöne und kostbare seidene Kimonos zu sehen. Eine Vitrine zeigte die Abschrift einer alten bekannten Sage von einem der japanischen Kaiser selber aufgeschrieben, das war für meine Begleiter ein besonderer Leckerbissen, denn die kannten die Geschichte natürlich und die Möglichkeit etwas echt Geschriebenes einer ihrer verehrten Kaiser zu sehen, war wohl was ganz Spezielles. - Mir gefielen die herrlichen Deckenschnitzarbeiten und die Wandmalereien. Auch war ich sehr angetan von der kleinen Ausstellung der Dachdeckerzunft hier: Ich hätte nicht geglaubt wie kompliziert und kunstvoll die hölzernen Dachziegel hier aufgetragen werden, besonders an den Ecken stapelte man mehrlagige Dachpfannen-Kunstwerke auf. Alle Achtung diesen Holzwerkern der vergangenen Jahrhunderte. -- Wieder draußen bekamen wir per Schließfachschlüssel unser Schuhe zurück, aber man staune: auch die 100 ¥en wurden uns erstattet, der Betrag war also nur Pfand für den Schlüssel.
Dachpfannen Perfektion
Perfection in Roof Tiles
Und nach dieser Geschichtsstunde sind wir dann noch für einige Zeit durch diesen herrlichen Park und Garten gewandert. An einem Teehaus habe ich eine Schale für Alle spendiert und es tat gut sich für einen Moment die Füße auszuruhen. Ich habe diese Gelegenheit dann auch wahr genommen um mich bei meinen Begleitern von Fujitsu und PFU sehr herzlich für die besonderen Ehren und die mir erwiesenen außergewöhnliche Gastfreundschaft ganz herzlich zu bedanken, denn bald schon mußten wir diesen schönen Garten verlassen, denn meine Begleiter mußten heute noch zurück nach Tokio. So haben wir uns ein Taxi geheuert und ich wurde erst am Miyabo Ryokan abgesetzt und verabschiedet; die anderen fuhren dann weiter zum Bahnhof um einen Zug zum Flughafen zu nehmen um von dort einen sehr späten Flug nach Tokio (und nach Hause) zu nehmen. (Man hatte die Zugfahrt hierher also wirklich nur für mich inszeniert).
Jetzt war ich also alleine im Gasthof, am Morgen schon bin ich aus dem großen Zimmer in das Einzelzimmer das Yumiko hatte umgezogen. Jetzt mußte ich mich hier also ausschließlich in Japanisch verständlich machen, denn unsere Zimmerfrau sprach gar kein Englisch. Und leider war die Gute aber auch der Typ der reichlich und gerne schwätzte, das hatte ich gestern gemerkt als sie mit den japanischen Begleitern ausgiebig geschnattert hatte. Naja, da kann man halt nichts machen. -- Zuerst habe ich aber mal wieder einen Trip in das tolle Gemeinschaftsbad gemacht (obwohl ich im Zimmer hätte duschen können), aber das tiefe heiße Becken war so schön angenehm. Im Umkleideraum begegnete ich einem älteren japanischen Herrn, der mich lobte weil ich meinen Obi (das ist der Yukatagürtel) richtig gebunden hatte (man schiebt nämlich die Schleife auf den Rücken, aber ich hatte ja gute Lehrer am Vortage), aber ach, seine anderen Bemerkungen konnte ich leider nicht mitbekommen, mein Japanisch und sein Englisch waren dazu nicht ausreichend, so haben wir uns nur gegenseitig sehr freundlich verbeugt und zugelächelt.
Nach dem Bad bekam ich erst einmal etwas grünen Tee zur Stärkung. Auch konnte ich der Zimmerfrau in meinem begrenzten Japanisch erklären daß das Essen letzte Nacht ganz vorzüglich war, aber vielleicht doch ein wenig zu viel, und vielleicht könnte man die Portionen etwas verkleinern. Das gesagt, erzeugte einen gewaltigen Redeschwall in Japanisch den ich nur wieder mit verlegenem Lächeln und "T´schuldigung, aber ich verstehe Sie nicht" erwidern konnte. Aber ich war in der Lage ihr klar zu machen daß ich gerne eine Flasche Bier beim Essen trinken möchte.
Es dauerte dann auch nicht sehr lange und es wurde mal wieder aufgetafelt; und was für ein Festessen es wieder war; aber diesmal wurden mir die Speisen nicht erklärt und selbstverständlich gab es nicht das Gleiche wie am Vortag. - Ein Gericht war roher Fisch der so fein und dünn geschnitten war, daß er ganz durchsichtig aussah, diese total tranzparenten Scheibchen waren dann gekonnt fächerförmig auf einem dunklen Porzellanteller ausgebreitet; das sah schon optisch so sehr appetitlich aus. Und an einer anderen Stelle wurde eine tönerne Schale mit irgendeiner gebratenen und gefüllten Gemüseart oder Frucht (unbekannter Herkunft, aber mit Nüssen) serviert, aber um die ganze Sache länger warm zu halten hatte man alles auf etwa einem Dutzend schwarze und sehr heißer Kieselsteine gebettet (die vorher wohl im Ofen aufgeheizt worden waren).
Der geräucherte Fisch schmeckte himmlich, und wie immer mochte ich die Suppen ausgesprochen gerne. An einer Stelle gab es dann Tee der hatte richtiges Blattgold drinnen schwimmen, also Danziger Goldwasser - auf japanische Art. Hier in Kanazawa ist man ganz stolz auf die lokale Vergoldungsarbeiten, ist wohl eine Spezialität dieser Gegend. -- Wie schon am vorigen Abend gab es mehrere Gänge, und jedesmal wenn meine Zimmerfrau wieder mit einem neuen Tablett kam, hatte ich ein paar neue Worte aus dem Wörterbuch oder dem Sprachführer für sie bereit und jedesmal bekam ich eine japanische Wortlawine als Antword; -- aber alles war mit viel Lächeln und Kopfnicken, und an einer Stelle sogar mit Schulterklopfen (meine Schultern) verbunden. Es konnte also nicht so schlimm gewesen sein.
Ein Problem hatte ich allerdings, das Schneidersitzen tat nach einer Weile ganz schön weh, das muß wohl durch die Generation geübt sein, denn ich mußte mich nach einer Weile doch dringend ausstrecken weil die alten Knochen zu sehr schmerzten (naja, da ich alleine auf dem Zimmer war hat´s außer dem Zimmermädchen wohl keiner gemerkt). Erwähnenswert war aber auf jeden Fall der Nachtisch: Ich weiß nicht ob ich hier speziellen westlichen Sonder-Service bekam (denn normalerweise essen die Japaner keinen Nachtisch), aber hier gab es als Dessert Apfelsienenstückcheen die in der Originalschale serviert wurden, sie waren schon gelöst, manch brauchte dann die Achtel nur mit einer kleinen Gabel herausholen. Das Eigenartige an dieser Südfrucht war aber das Sträußchen Petersilie das oben ganz stolz diese Orange verzierte. Dazu gab es 2 (in Worten "zwei") Weintrauben; die waren aber auch nicht alltäglich, denn sie waren von Hause aus schon halb geschält, oben war ein Kreuzschnitt drin, und dann war die Schale schön regelmäßig halb auf jedem Viertel heruntergezogen. - Tja, und ich Kulturbanause hab die Schale der Trauben dann einfach mitgegessen; aber schön angerichtet sah es doch aus. Und was für ein Kundendienst wieder. Später habe ich gelesen daß man in Japan alle Trauben und auch die Äpfel schält, und nur die Barbaren von Übersee essen alles mit Haut und Haaren.
Natürlich weiß ich nicht immer was ich da alles an kullinarischen Herrlichkeiten zu mir genommen habe, aber ich hab´s alles munter verputzt und war auf meinen kühnen Unternehmnungsgeist auch noch mächtig stolz. - Den Rest des Abends bis zum Bettenmachen habe ich dann gemühtlich bei meiner Flasche Bier verbracht und einige Notizen in meinen kleinen Computer eingetippt damit ich die vielen Eindrücke auch später in diesen Reisebericht einbauen kann.
Also für heute erst mal recht
gute Nacht - oder "Oyasumi Nagai " (wie ham hier im fernen Japan
sagt wenn man sich auf´s Ohr legt.
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Samurai
&
Geishas
Stadtrundgang in Kanazawa: Zuerst habe ich noch mal gebadet, dann habe ich wieder japanisch gefrühstückt, dann meine Rechnung beglichen. Anschließend habe ich meine Karte studiert und mich mit der Lage der Hauptstraßen vertraut gemacht. Das alles getan, dann war es einfach in die kleinen Seitengassen zu tauchen und nach den touristischen Perlen dieser Stadt zu fischen. Erstes Ziel war eine alte Samurai Villa nicht weit weg von meinem Gasthof; mein Gepäck hatte ich übrigens in der Herberge deponiert, so brauchte ich meine Tasche nicht den ganzen Tag zu schleppen. Diese alte Villa zeichnete sich mal wieder durch einen charmanten, aber sehr kleinen, japanischen Garten aus. Diese Grünanlagen simd immer mit ein wenig Wasser verbunden, entweder ein kleiner T eich oder ein kleiner Bach, und immer wieder verwenden die Gärtner hier auch ausgesuchte Steine und diese so typischen Steinlaternen als Dekorationsgegenstände -- das ladet das Auge ein eine Weile Pause zu machen. Die Räumlichkeiten dieses herrschaftlichen Hauses waren eher schlicht und einfach. Weider bekam man ein Gefühl für die Liebe zur Schlichtkeit den die Japaner so oft an den Tag legen. - Es gab aber auch ein paar sehr schöne Samurai-Rüstungen und Schwerter zu bestaunen, denn die Samurai Krieger waren so was wie in Europa die Ritter des Mittelalters.
Kurz nach diesem Besuch mutte ich erst mal wieder meine Sprachkenntnisse praktizieren, denn die Batterie in der Kamera war leer, also rein in den Laden, das Wort Batterie hatte man vorher im Wörterbuch gefunden, und schon war auch diese Sache erfolgreich gelaufen und wir konnten wieder knippsen. Dann habe ich kurz danach, per Zufall, einen schönen Skulpturen-Weg gefunden. Hier hatte man auf einer Länge von vielleicht einem Kilometer in einem Park Dutzende lebensgroßer Bronzefiguren aufgestellt. Das war natürlich was für mich wo ich mich doch für Plastiken und Bildhauerei sehr interessiere.
Der Samurai steht Wache im Park
The Samurai on sentry duty at a park
Als nächstes wollte ich mir den historischen Geisha-Distrikt ansehen. Auf der Karte war es garnicht weit weg, und der Weg führte durch sehr enge und winklige Gassen, vorbei an alten japanischen Villen und Tempeln, auf die andere Seite des Flusses in ein Stadtviertel das jetzt liebevoll wieder restauriert und erneuert wird. Hier waren die meisten Häuser im traditionellen Stil erbaut, außen Lattenroste an Stelle der Fenster. Eines dieser restaurierten Gebäude war zur Besichtigung offen und innen konnte man etwas von der schlichten Eleganz dieser "Freudenhäuser" sehen. Geishas waren natürlich nicht nur Freudenmädchen, nein - sie waren auch sehr lange und sorgfältig ausgebildete Künstlerinnen. Sie mußten singen, graziös tanzen, und dazu noch eine Vielzahl von Instrumenten spielen können. Auch mußten sie die so verehrte Teezeremonie beherrschen, und Geschichten und Sagen erzählen, und Gedichte aufzusagen gehörte auch noch zu ihren regelmäßigen Aufgaben. Später verschwand das Sexuelle sogar gänzlich aus der Arbeitsbeschreibung der Geishas, sie waren jetzt noch noch hochbezahlte Unterhaltungskünstlerinnen (und das sind sie übrigens auch im heutigen Japan noch).
Typische Gasse und Häuser im Geisha Distrikt von Kanazawa
Typical Alley and Houses of the Geisha District in Kanazawa
Worauf wartet er denn? Vielleicht auf ein Gratis-Geisha?
What is he waiting for? For a Geisha on the House?
Im / In the
Geisha Museum
Nach diesem Geisha-Distrikt bin ich dann ein wenig den Hang empor zu einer der vielen, vielen Tempeln dieser Stadt getiegen. Von hier oben hatte man einen schönen Blick auf Kanazawa (wenn es auch etwas grau und dunstig war). Nach diesem Besuch des Stadtrandes bin ich bald wieder zurück in´s Zentrum und weil es mir im Kenroku-En Garten so gut gefallen hat, habe ich dann noch mal die 300 ¥en Eintritt bezahlt und mir dieses herrliche Exemplar der Gartenbaukunst ein zweites Mal gegönnt. Diesmal bin ich oft und gerne stehen geblieben oder habe mich auf eine der Bänke gesetzt um diese Schönheiten richtig genüßlich einzuatmen. Es gab so viele Dinge zu sehen und zu beobachten: Zum Beispiel die riesigen fast schwarzen (aber mit leuchtend gelbem Fleck betupften) Schmetterlinge die hier herumflatterten, oder die alten Gärtnerinnen mit den so typisch asiatischen Strohhüten und Holzpantienen, die hier jedes gefallene Blättchen sofort vom mossbewachsenen Boden aufsammelten, oder der große graue Reiher der stolz am Teichrand entlangstapfte, oder die Schulkinder in ihren Uniformen die laut quickend eine blau-schillernde Eidechse entdeckten, oder aber die Rentner die diese Pracht ganz still und alleine erlebten.
Und hier in dieser wunderschönen
Parkanlage gab es auch ein kleines Tee-Zeremonien Haus: Es sah aus
wie eine kleine ländliche Hütte eines Bauern, und wenn man
das eigentliche Teezimmer betritt muß man sich durch die absichtlich
niedrige Türe sehr tief bücken, denn das Bücken macht
einen dann sehr bescheiden. - Diese Teezeremonie (die
ja so bekannt ist), ist eingentlich eine philosophisch-religiöse
Angelegenheit: durch diese mondäne Betätigung der Teezubereitung
will man Einfachheit und Bodenständigkeit symbolisieren, man will
klar konzentrierte aber einfache Gedanken; und deshalb sollen außerhalb
des Teehauses der Garten und die Landschaft auch zum Meditieren anregen.
Diese ganze Feier wird auch sehr still und ohne große Worte abgehalten,
man reinigt praktisch sein Gehirn ein wenig.
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Japanische
Landschaft /
Japanese
Country Side
Auf dem Bahnhof hatte ich noch Zeit für ein kühlendes Glas Coca-Cola, und da habe ich dann auch die "German Bakery" dort gesehen, also eines der Stände hier verkaufte irgendwelche undefinierbaren Teilchen unter dem stolzen Namen "Deutsche Bäckerei". Ich habe es mir aber vorsichtshalber verkniffen solches fernöstliches Teutonentum zu probieren. - Dafür habe ich aber auf dem Bahnsteig anschließend eine ganze japanische Hochzeitsgesellschaft in einen Zug einsteigen sehen: Der Brautvater war in einen vornehmen Frack mit silberben Halsband und grauem Zylinderhut gekleidet, die Frau Mutter kam im eleganten Abendkleid; aber viele der anderen weiblichen Gäste hatten wunderschöne japanische Kimonos an, und dann kam die Braut. -- Sie trug einen traditionellen japanischen Hochzeitskimono der aus vielen, vielen Lagen erlesenster Stoffe besteht, sie trug auch einen speziellen japanischen Hochzeitshut der das halbe Gesicht verdeckte (mein Japanbuch erklärt daß dieser Hut die "Hörner der Eifersucht" versteckt.) Der Bräutigam war auch in einen tollen Kimono gekleidet und sah aus wie ein stolzer Samurai (ohne Schwerter natürlich). Alle Leute auf dem Bahnsteig klatschten sehr eifrig Beifall und wünschten so dem Paar alles Gute für die Zukunft.
Bald kam dann auch mein D-Zug nach Kyoto. Er war mal wieder nicht klimatisiert, aber diesmal ging es eingiger Maßen denn die Lüftung funktionierte besser als bei der Herfahrt. Da ich jetzt alleine war konnte ich mich richtig auf die Landschaft konzentrieren. Wegen den vielen Reisfeldern sah ich eine gehörige Zahl von Wasservögeln, besonders Graureiher und weiße Egrets gab es eine Menge (die heißen laut Wörterbuch bei Euch "Silberreiher"). Es war schön so viele dieser stattlichen Vögel sehen zu können. Aber auch architektonisch gab es Besonderheiten: In einem kleinen Kurort ("Onsen" hießen solche Badeorte) sah ich eine etwa 30 Meter hohe riesige Buddhafigur die den ganzen Weiler um Vieles überragte.
Die Eisenbahnfahrt machte mir Spaß, denn in den U.S.A. habe ich nicht viel Gelegenheit dazu. Man sitzt bequem im Sessel und an den Fenstern breitet sich einem das Land aus. Da kann man die Reisbauern bei der Sonntagsarbeit schuften sehen, denn es scheint daß auch hier viele der Bauern das Landwirtschaften nur als Nebenerwerb betreiben und tagsüber einem anderen Beruf nachgehen. Sie standen also bis zu den Knöcheln im Reisfeld, tief gebückt jähten sie das Unkaurt aus dem Feld (so nehme ich jedenfalls mal an). Oft waren die Bauern noch traditionell gekleidet, einen großen Strohhut auf den Kopf gebunden, einen grauen Yukata-Arbeitskimono an, wo die Rockzipfel am Gürtel festgemacht waren, und dazu natürlich lange Gummistiefel. Und am Feldrand standen keine Miniaturlieferwagen, die immer aussehen als seinen sie zu eng um zwei Leuten nebeneinander Platz zu bieten.
Später habe ich aber auch viele Väter (und einige Mütter) gesehen, die nur mal eben mit den Kindern oder dem Hund für einen kleinen Spaziergang um die satten und saftigen grünen Wasser-Felder herum marchieren wollten. Auf dem freien Land konnte ich auch sehen wie die Japaner ihre Einfamilienhäuser bauen, hier hatte man etwas mehr Platz als im engen Tokio. Die Bauweise ist ähnlich wie in den U.S.A., alle Wände sind aus Holzbolen gebaut und werden im Strebebauverfahren aufgestellt. Nachdem die rohen (offenen) Wände stehen, kommt wohl erst einmal das Dach an die Reihe, und hier ist mir aufgefallen daß auch moderne japanische Häuser ein sehr traditionelles Pfannendach mit vielen Verschnörkelungen bekommen und etliche Vordächer haben. Man legt also auch beim Neubau sehr viel Wert auf alte Bräuche. Erst wenn das Dach komplett ist, werden die Wände mit Gipsplatten zugemacht und abgedichtet, und von innen und außen verputzt. Und wie schon beim letzten Besuch fiel mir wieder auf daß es hier kaum private Gärten gab, und wenn dann waren sie kaum größer als ein Handtuch. -- An einer Stelle traute ich aber meinen Augen nicht, denn hier stand, mitten in der japanischen Reislandschaft, ein richtiges kleines bayrisches Bauernhaus, mit dem so typischen langen Balkon vor den Fenstern und auch der bekannte bayrische Kamin mit kleinem Türmchen oben auf den Dach fehlte nicht, nur das Holz vor der Hütten und der Schuhplattler blieben aus. Später bin ich dann noch einigen dieser bajuwarischen Häusern begegnet, ich nehme an, daß sie Fertigbauten irgendeiner Hausbaugesellschaft sind, denn sie sahen alle sehr ähnlich aus und man konnte sie bestimmt aus einem Katalog bestellen. -
Mein Zug war sehr voll (in Japan scheint immer alles sehr voll zu sein), und es war gut daß ich Platzkarten reserviert hatte, denn in den nicht reservierten Waggons ging es drunter un drüber und dort stand man eng wie die Sardinen. Es dauerte aber dann nicht mehr lange und es wurde dunkel draußen und ich konnte nur noch ahnen was da draußen an Ungewöhnlichem wohl sonst noch vorbei flitzte; so habe ich also meine Aufmerksamkeit etwas meinen Mitreisenden gewidmet. Da waren die Geschäftsleute die jetzt am Sonntagnachmittag schon im grauen Anzug mit Schlips und Aktentasche im Zuge saßen und wohl der neuen Arbeitswoche entgegenstrebten. Da waren die Urlauber, wo man merkte daß sie nicht aus der Gegend hier sind, weil sie dauernd im Fahrplan nachlasen um ja nicht den richtigen Bahnhof zu verpassen, und dann waren da die Jugendlichen die (wie in Amerika) auf den Zugsitzen rumlümmelten, sich offensichtlich sehr langweilten, und angestrengt mit der Musik aus ihren Kopfhörern die Füße wippten. Viele der Reisenden schliefen auch, oder sie blätterten in einem der so sehr beliebten Comix-Heftchen die es hier an jeder Ecke gibt: Interessanterweise sehen diese Heftchen-Helden alles sehr europäisch aus, sie haben riesengroße - meist blaue - Augen und haben blondes oder gar rotes Haar. Warum wohl? Ich weiß es auch nicht; -- aber die hiesige Jugend scheint als Protestmittel das Haarfärben entdeckt zu haben, ich sah viele Halbstarke die sich ihr asiatisch schwarzes Haar rot oder braun eingefärbt hatten: man nennt das hier "teefarbig" (nach der Farbe des englischen Tees). - Was es nicht alles gibt!
Der Monsterbahnhof von Kyoto
Kyoto's Super Train Station
Bald erreichte mein Zug dann die
alte Kaiser-Stadt Kyoto und ich brauchte nicht weit zu gehen, denn
ich hatte Reservierungen im Kyoto Tower Hotel was gleich gegenüber des
Bahnhofes lag. A propos Bahnhof, hier in Kyoto wurde schon bei
meinem letzten Besuch am Bahnhof schwer gebaut, und 1 1/2 Jahre später
war man keinenfalls damit fertig. Jetzt konnte ich das 18 stöckige
300m langgestreckte Büro-Hochhaus sehen daß sich glich über
die Eingangshalle des Bahnhofs türmte, es war ein gewaltiger Komplex,
und wie so oft hier in Japan gab es auch eine ganz ausgedehnte unterirdische
Welt (eine Einkaufsstadt mit Straßen für Kleidung, andere für
Restaurants, u.s.w. zu erkunden). Aber ich war zu müde um hier
noch lange zu entdecken und habe mich in´s Hotel begeben (und nach
dem herrlichen und üppigen Malzeiten der vergangenen Tage habe ich das
Abendessen heut´ mal ausfallen lassen.) Mein Zimmer war
wieder im westlichen Stil eingerichtet, mit Bett und einer Dusche,
aber es gab auch weider einen Yukata in den man sich hüllen konnte.
Das Fenster schaute auf einen Büroklotz gegenüber, und um
diese häßliche Ansicht zu verschönern hatte man Shoji-(Reispapier)-Schiebetüren
vor die Fenster genagelt, so hatte man wenigsten eine kleine Illusion vom
alten Japan. -- Bevor ich mich zum Schlafen legte, habe ich
aber noch schnell eine 1/2-tägige Stadtrundfahrt für morgen gebucht.
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Shôgun
Castle
/ Burg
Nach der Stärkung hatte ich noch einige Minuten Zeit bis der Reisebus zur Führung losfuhr, so habe ich einen kleinen Spaziergang in der Bahnhofsnachbarschaft gemacht und hier bin ich per Zufall auf einen Devotionalienladen gestoßen: Also der verkaufte kleine und große Shinto- und Buddha-Schreine für den Hausgebrauch. Hier gab es riesige meterhohe Angelegenheiten die teilweise schwer vergoldet waren und mit feinen Figuren bestückt, oder aber auch die weit handlichere Schuhkartongröße für eine private Heiligenstätte. Mal wares es erlesene Teakholz oder Ebenholz Gebilde, dann wieder schlichte einfache japanische Kiefer, mal so bunt wie im Zirkus, dann wieder einfache Erdtöne und die Farben des natürlichen Holzes. Wollte man sich steinerne buddhistische Löwen in den Garten stellen, oder aber zum Gebet auf einer riesigen 3-Meter-Bonzeglocke leuten, hier in diesem Laden konnte allen geholfen werden. Es war wirklich sehr interessant sich das einmal anzusehen.
Auf ging es zur Stadtrundfahrt: Hier habe ich ein wenig geschlafen, denn ich hatte mir eine Tour ausgesucht die mich zum weltbekannten "Goldenen Pavillion" und außerdem zum kaiserlichen Palast in Kyoto führen sollten, aber -- der Kaiser machte am Wochenende zu und so wurde ein Tempel als Ersatz angeboten den ich bei meinem ersten Besuch in Kyoto schon gesehen hatte. Naja, das nächste Mal sollte ich vielleicht das Kleingedruckte lesen. - So ging es also wieder zu dem mir bekannten Higashi-Hongan-Ji Tempel der garnicht weit vom Bahnhof entfernt liegt. Die Führung war diesmal in Englisch und so habe ich doch noch einiges Neues über dieses Gebäude gelernt: So zum Beispiel haben im 16. Jahrhundert die Frauen hier ihre langen schwarze Haare dem guten Zweck geopfert (und zu dieser Zeit war das Haar einer Frau ein besonderer Schatz) damit die Mönsche daraus Seile winden konnten um die schweren Dachbalken damit in Postion zu ziehen. Und eines dieser Haar-Taue wird heute noch als Erinnerung in einer gläsernen Vitrine zur Schau gestellt. -
Buddhafiguren - kostümiert für einen Gottesdienst
Buddha Figrues - dressed up for some religious ceremony
Die nächste Station war
der Kyoto Palast für den "Shôgun". Ein Shôgun, oder auch Generalissimus,
war der militärische Diktator im alten Japan, er wohne
normalerweise in Tokio während der Kaiser (zu dieser Zeit nicht
sehr machtvoll) repräsentative Dienste in seinem Palast hier in
Kyoto tat. Also wenn dann der Shôgun mal nach Kyoto zu Besuch kam (um dem Kaiser
seine Aufwartung zu machen und um nachzusehen daß der Kaiser auch
alles richtig machte) dann residierte er in diesem Palast der sich Nijo-Jo
nannte und im Jahre 1626 fertig gestellt wurde.
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Es war eine ausgedehnte Anlage die sich hinter einem breiten Wassergraben und einem hohen Erdwall und Mauer verbarg. Hier konnte man die verschiedenen Empfangsräume bestaunen, sah die herrliche Wandmalereien in den Prunksälen, und verwunderte sich warum der hölzerne Boden so eigenartig quitschte. Später erfuhren wir dann daß die Geräuchkulisse ganz absichtlich eingebaut are, es nannte sich "Nachtigall-Boden", und die Bodenbretter und Nägel ware so konstruiert daß sie diese laute Warnung von sich geben wenn einer auf ihnen einherläuft. So konnte jeder hören wenn einer sich dem Zimmer des Shôguns annähert. Aber nicht nur um sich vor Feinden zu schützen wurde die Balken hier verbogen, sondern auch damit man schnell sein Thema wechseln konnte wenn man über Staatsgeheimnisse sprach, denn die dünnen japanischen Wände hatten ja nicht gerade viel Dämmschutz hergegeben.
Einige der alten Räume waren auch mit Wachspuppen ausgestattet (die Puppen waren allerdings nicht aus dem 17. Jahrhundert), aber so konnte man sich vorstellen wie bei einer Audienz beim Shôgun die Abgeordneten knienend in ihren langen Gewändern vor ihrem Herrscher hockten. Der Herr Shôgun mußte natürlich auch sehr auf der Hut sein, denn man hatte schnell mal einen kleinen Putsch angezettelt, also versteckten sich sein Leibwächter gleich hinter ihm hinter den Schiebetüren um beim kleinsten Ärger sofort mit gezückten Schwertern durch das Papier der Wände zu stürzen. Die langen Gewänder für die Audienz-Teilnehmer waren übrigens auch vorgeschrieben, denn mit so langen Ärmeln und Schleppen konnte man nicht sehr leicht losrennen um seinen Landesherren zu meucheln, diese offizielle Kluft war also auch eine stolpernde Sicherheitsvorkerung.
Etwas weiter im Innern des Palastes waren dann die privaten Gemächer vom Shôgun, hier waren die Tapeten und Wandmalereien weniger repräsentativ sondern mehr was für die Familie (oder besser die Courtinsanen). Damit die Landesherren sich bei Abwesenheit des Fürsten nicht gegenseitig überfallen, wurde ein Dekret erlassen nachdem jeder seine eigene Frau bei Abwesenheit hier als Pfand lassen mußte, und diese Regel galt auch für den Shôgun selbst, und seine Gute mußte in Tokio auf die dortige Burg aufpassen. Aber diese Reiseregelungen hat den alten Shôgun nicht sonderlich gestört, denn der Herrscher konnte sich ja jederzeit mit den mitgebrachten Mädchen und Gespielinnen vergnügen. So war das eben damals. --- Außerhalb dieser Nijo-Burg mit seinem prunkvollen japanischen Zimmern und Sälen gabe es einen sehr schönen und weitläufigen Garten zu betrachten (auch im 17. Jahrundert angelegt). Es war eine Mischung von Bäumen und Sträuchern und Wasserläufen mit kleinen Seen und Inselchen drin, aber es waren auch sehr viele größere und kleinere Felsen die sehr kunstvoll in diese Landschaft integriert waren; wieder ein exquisites Beispiel der hohen japanischen Gartenkunst die sich über Jahrunderte hier entwickelt hat.
Leider hatte man auf dieser Stadtrundfahrt
nicht viel Zeit zum selbst erforschen, immer mußte man
ein Auge auf die Uhr halten, denn unser Bus wartet immer schon ungeduldig.
Unser Führer hielt einen japanischen Fächer hoch, so war
er in der Menge der Touristen recht leicht auszumachen. - Als
nächste Station war der berühmte "Goldene Pavillion" (Kinkaku-ji
Tempel) in Kyoto an der Reihe.
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"Goldener/Golden
Pavillion"
Kyoto
Der goldene Pavillion
(eines der bekanntesten Wahrzeichen in ganz Kyoto)
The Golden Pavillion
(probably the most famous landmark of Kyoto)
Nach dem Tot des besagten Shôguns ist dann dieser Pavillion in einen Zen Tempel umgewandelt worden, und als Tempel dient er auch heute noch für Gottesdienste. - Ich hatte auch mal wieder Glück denn mit der Weile hatte sich das Wetter gebessert und hier am Goldenen Pavillion fand ich strahlendsten Sonnenschein.
Der Hahn auf dem Dach des goldenen Pavillions
A Rooster decorated the Roof of the Golden Pavillion
Zu diesem Tempel gibt es leider noch einen traurigen Nachtrag: Kurz nach dem zweiten Weltkrieg (den Kyoto unversehrt überstanden hat) meine ein junger aber gestörter Mönch das dieses Bauwerk zu schön für die Welt sei, und hat sich dann in dem Tempel eingesperrt und sich selbst und den herrlichen Pavillion in Brand gesetzt. -- Der junge Mann ist gerettet worden und starb Jahre später in einem Sanatorium, aber das wunderschöne Tempel-Bauwerk wurde total zerstört und die heutige Anlage ist eine getreue Kopie nach alten Plänen. Trotzdem gilt dieser "goldene Pavillion" als eines der großen Sehenswürdigkeiten dieser alten Kaiserstadt Kyoto.
Damit war meine Stadtrundfahrt auch schon wieder fast zu Ende, blieb nur noch der obligatorische Stop bei einem der sogenannten Kunsthandwerks-Kaufhäuser, naja man muß ja schließlich auch ein paar Souvenirs einkaufen. Ich glaube viele Tourgesellschaften haben Verträge die die Touristen dann zu den entsprechenden Verkaufsstellen karren, damit sie da ihre Devisen los werden. In meinem Fall handelte es sich immerhin um ein kleines Warenhaus mit 5 Stockwerken und man konnte neben dem üblichen Souvenir-Nippes auch echte Zuchtperlen, teuere japanische Holzschnitte, oder extrem teure Kimonos erstehen. - Ich habe mich für so einen Yukata-Morgenrock entschieden, denn die gefielen mir in dem Gasthaus so gut (und aus Baumwolle waren die auch nicht mal sehr teuer). Und für meine gute Una hab ich noch ein seidenes Tuch eingekauft. Und obwohl ich einige der Holzschnitte recht anziehend fand, habe ich darauf verzichtet, denn wir haben zu Hause wirklich keinen Platz mehr an den Wänden für noch mehr Bilder.
Es war jetzt etwa 2 Uhr nachmittags
und mein Zug nach Tokio fuhr erst gegen 5 Uhr los, aber mir taten noch
immer die Füße von Kanasawa weh, und ich war auch etwas Sehensmüde,
also habe ich mich zum Bahnhof begeben und meine Fahrkarte auf einen früheren
Zug umschreiben lassen. Das hatte auch den Vorteil daß
ich die Reise noch im Tageslicht erleben konnte. So bin ich dann
wieder mit dem Superexpress mit über 250 Sachen von Kyoto nach Tokio
geeilt. Die spezielle Eisenbahnstrecke führt an der alten
"Tokaido" Handelstraße entlang, was bedeutet daß hier alles
extrem dicht besiedelt ist. Man jagt von einer Stadt in die andere,
nur gelegentlich gibt es mal etwas Grün dazwischen oder einen kurzen
Blick auf den pazifischen Ozean. An einer Stelle (außerhalb
von Nagoya) konnte ich stolz eine weiße japanische Burg auf einem Bergrücken
erblicken, aber bald waren es wieder nur Häuser und Industrieanlagen.
Diese lange Strecke dauerte nicht lange bei der Geschwindigkeit, und
pünktlich wie die japanische Bahn, fuhr unser Zug dann in den Hauptbahnhof
von Tokio ein (der war übrigens dem Bahnhof von Amsterdam abgeguckt
worden). Ein Taxi brachte mich dann schnell zum Hotel und hier habe
ich erst mal geduscht und dann eine gute heiße Tasse Tee geschlürft.
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Akihabara
Den Montag wollte ich mir eigentlich frei nehmen um Tokio noch ein wenig zu erkunden, aber man hat mich gefragt ob ich im Büro nicht doch einen kleinen Vortrag über Veränderungen in der Hauptverwaltung in den U.S.A. halten könne. Naja, also hab ich den Tag zum Arbeitstag erklärt zumal ich einige Dinge sowieso noch durch elektronische Post nach zu Hause erledigen mußte. - Ich bin aber nicht den ganzen Tag geblieben, sondern wollte mir hier doch einmal Anschauen was es so Neues in der Elektronikindustrie gibt. Also hat man mir beschrieben wie man zu einer besonderen Gegend in Tokio kommt, wo sich die Radio-, Computer-, Viedeorecorder-, und andere eletronischen Spielzeughändler konzentriert habe. --- Da war es dann auch kein Problem die richtige Station der U-Bahn zu finden (solltet Ihr da in den nächsten Tagen vorbei wollen, dann müßt Ihr an der Station "Akihabara" aussteigen). Und wirklich hier gab es hunderte Shops die diese Sachen feilboten (man sagte mir im Büro daß die Preise hier ausgesprochen niedrig seine). Ich wollte nichts Bestimmtes kaufen, sondern nur sehen was man hier anbietet und was es hier für tolle Sache gibt.
Hier konnte man wirklich alles findes was mit Elektronik oder Elektrizität zu tun hatte. So viele Handy-Telefone habe ich noch nie im Angebot gesehen, jeder Laden hatte mehrere Dutzend verschiedene Modelle zur Auswahl. In den Elektronikabteilungen habe ich mir auch die Navigationsgeräte für Autos angeschaut (das war 1996), da kann man seinen Bestimmungsort eingeben und dann zeigt der Bildschirm genau an wo man sich gerade befindet, er spricht aber auch zu Fahrer und erzählt einem daß man an der nächsten Ecke nach rechts fahren soll weil links ein Verkehrsstau ist. Diese Geräte werden hier schon seit längerem benutzt; und ich habe sie selbst vom Flughafenbus aus in mehreren vorbeifahrenden Wagen gesehen. --- Hier in Akibahara, in diesem Transitor-Paradies wollte ich auch gerne mal das HD Fernsehen bewundern (HD heißt "high definition" also "hoch-auflösende" Bildschirme), sie sollen gestochen scharfe Bilder liefern, etwa so gut wie ein gutes Foto auf Papier. Aber das war nicht einfach denn das HD-TV hat sich auch hier noch nicht richtig durchgesetzt, zwar sah ich jede Menge Breitwandfernsehen, einige spielten sogar zwei Programme nebeneinander auf einem Bildschirm ab, aber alle waren nur die übliche minderwertige TV Qualität mit dem etwas verschwommenen Bild. Erst nach einigem Suchen fand ich einen Laden der wirklich HD Geräte hatte und auch ein Programm spielte. Später habe ich erfahren daß erst sehr wenige Kanäle hier, und dann auch nur stundenweise, Programme in dieser Hochqualitätsnorm ausstrahlen, deshalb sieht man es nicht so oft in den Geschäften. -- Neben dem Fernsehen habe ich mich natürlich auch für diese kleinen Miniaturcomputer (PDAs) interessiert, benutze ich doch selbst meinen Kleinen für so viele Dinge. Hier war natürlich alles in der japanischen Version mit entsprechenden Kanji-Zeichen und deshalb konnte man als Westler damit nicht viel anstellen. Aber es gab eine große Auswahl dieser Dinger hier.
Manchmal fand man auch Anwendungen die sehr typisch und nur für Japan waren: So zum Beispiel gab es für die klitzekleinen Japanischen Wohnungen auch sehr kleine Spülmaschinen, sie paßten ungefähr in einen kleinen Koffer rein und waren mobil und konnten so nach getaner Arbeit irgendwo verstaut werden. Auch gab es natürlich ein üppiges Angebot von Reiskochern; und automatischen Teekannen die das Wasser unaufgefordert den ganzen Tag heiß halten. --- Und in den Computerabteilungen machte ich wieder die Erfahrung daß die Hardware (die Maschinen) aus Japan kommen, aber die Software (die Programme) meist aus den U.S.A. stammen. - Etwas abgelegen, in den Seitengassen oder unter der S-Bahntrasse, gab es dann die nicht mehr so neuen Gerätschaften, da gab es Kabel gleich bündelweise, Transistoren und Chips gab es kiloweisse; da wurde alte Radio-Röhren liebevoll abgestaubt, oder es gab Fassungen zu schrauben, Schalter zu knipsen, oder alte Lautstärkeknöpfe zu drehen; ja man konnte sogar alte Transformatoren transformieren (zu Briefbeschwerern zum Beispiel). Gebrauchtwarenläden en Masse, für jeden war was da und alle schienen dabei auch noch Profit zu machen.
So viel Elektronik macht aber auch hungrig, und wie das hier so ist, da gibt es immer kleine Restaurants und Schnell-Imbißläden in den Seitengassen. Ich hab mich also in so eines hinein getraut, - aber ach je, ein ganz neues Problem mußte da bewältigt werden: Ich konnte die englische Speisekarte nicht lesen weil die Schrift viel zu klein war und ich meine Brille vergessen hatte. Als erst kürzlich in´s Brillenalter avancierte Person war dies das erste Mal daß mir die Augen versagten, und mit meinem Japanisch konnte ich auch nicht viel fragen was das denn da sei. Also wurde gepokert und nach dem Preis bestellt (der war in etwas größeren Zahlen geschrieben). Es gab gebratenes Hühnchen mit Reis. Für $8.- war das ein Schnäppchen gegen das Sushi Essen gestern im Hotel. Aber ach, man wird alt auf den Augen.
Der nächste Tag im Tokio´er Büro war wieder mit Besprechungen mit den dortigen Abteilungsleitern gesprinkelt (es war kein schweres Arbeitsprogramm und ich hatte Zeit meine elektronische Post von zu Hause abzuarbeiten). Ich saß im Gästebüro und war meist auf mich selbst gestellt. Dabei beobachtete ich daß die Leute die draußen vor dem Büro entlang gingen oft die Schuhe über den Boden schlurften. Wenn man so was mal entdeckt hat dann paßt man natürlich nachher ganz genau auf, und ja, die Japaner schleifen wirklich die Füße über den Boden, und es sind nicht nur die Frauen, nein auch die Männer haben diese eigenartige schleppende Gangart. Auch ist es nicht vom Rang abhängig, denn vom Anlieferer der Cola für die Automaten bis hin zum General Manager der den ganzen Flur unter sich hat, alle zeigten sie dieses schlurfende Phänomen. -- Eine andere Sitte dir mir schon in den U.S.A. aufgefallen ist und die ich hier bestätigen konnte ist, die Asiaten schmatzen und sprechen lustig weiter während sie mit vollem Mund kauen. Naja, andere Länder, ander Gang- und Schluckgewohnheiten.
Für den heutigen Abend war
ich vom hiesigen Abteilungsleiter und einiger seiner Manager zum Essen eingeladen
worden, es gab wieder Shabu-Shabu in einem Restaurant ganz in der
Nähe meines Hotels. Diese japanische Art des Fleichfondues (ich
hatte es schon bei meinem ersten Besuch in Japan kennengelernt) ist eines
der wenigen Gerichte die mit dem extrem teuren Rindfleisch angerichtet werden.
Ein großer Topf mit Wasser wird von unten per Gasflamme zum kochen
gebracht und dort werden die hauchdünnen Fleischscheiben dann per Stäbchen
inein befördert. Nach einer Weile verwandelt sich das Waser dann
in eine kräftigende Brühe, zumal auch Gemüse, Salat,
und Pilze gekocht werden. Deshabl kommen zum Schluß,
wenn alles Fleisch verzehrt ist, auch eine gute Handvoll breiter Bandnudeln
in´s Wasser, so hat man eine sehr gute Suppe die (wie hier üblich)
zum Ausklang des Essens serviert wird. Wie schon erwähnt, sind
diese gemeinschaftlichen Essen nach der Arbeit ein willkommener Anlaß
sich mal etwas außerhalb des Berufes kennenzulernen, und so
bekommt man schon mal einen Einblick in die privaten Hobbys und Leidenschaften
seiner Kollegen. Und nach diesem, wieder sehr leckeren
Mahl, war es schon wieder Zeit um sich in´s Hotel zurück zu ziehen.
-12-
Tempura
& Karaoke
In diesem Tempura Restaurant saß man mal wieder auf den schon bekannten Tatami-Reisstrohmatten, aber diesmal brauchte man die Knie nicht zum Schneidersitz verbieegen, die kamen einfach in eine Vertiefung unter die niedrige Theke. Hinter dieser Anrichte stand ein älterer schon etwas korpulenter japanischer Küchenmeiseter der da seine Künste vor den Augen der Schmausenden vorführte. Also, Tempura ist die hohe Kunst Shrimps, Fisch, Gemüse, aber auch Pilze in einem sehr leichten Teig zu wälzen und dann ganz perfekt in einer Fritteuse goldbraun zu backen. Der Teig ist natürlich ein Geheim-Rezept des jeweiligen Küchenzauberers, aber richtig guter Tempura ist sehr, sehr locker und überhaupt nicht fettig. -- Und ich glaube hier hatten wir einen wahren Tempurameister vor uns, der seine Sache wirklich ausgezeichnet verstand. Es war auch mal wieder so ein Essen wo man über eine längere Zeit viele Kleinigkeiten zu Essen bekommt, was natürlich auch die Unterhaltung entsprechend anregt.
Tempura Fest - mit/with Managers from/von Toshiba
(man beachte die hübschen Schlabberlätzchen)
(please note the cute bibs)
Meine Gäste von Toshiba waren ganz unterschiedlicher Natur: Der Eine, der für die Vertragsabschlüsse zuständig ist, war sehr aus sich herausgehend, er konnte gut Englisch und war so richtig lustig und jovial und manchmal sogar ein wenig ausfallend direkt; der andere war mehr der kühle Gentleman (er war der Leiter der Software Entwicklung), er war das stille Wässerchen das nicht viel sagte und immer sehr geheimnisvoll lächelte. Wie hier üblich haben wir erst einmal ein paar Flaschen japanisches Bier, und anschließend etwas mehr vom Sake (Reiswein) getrunken. Und nach einer Weile ist der Stille dann auch aufgetaut und hat ein paar sehr amüsante und lustige Anekdoten von sich gegeben, - bei manchen dauert es halt ein bißchen länger. - Ich als Gastgeber habe mich natürlich sehr bemüht daß die Gläser der Gäste nicht leer standen und habe eifrig nachgeschüttet. Und der Herr Küchenchéf vollbrachte da wahre Wunder, da gab es an einer Stelle Shrimps-gefüllte Shitake-Pilze die dann im Teig gerollt und anschließend zur Perfektion frittiert wurden; oder es gab irgendwelche Rettiche (mir unbekannter Art) die innen noch schön roh und knackig, außen aber goldbraun gebacken waren. Dann wurden kleine runde ganze Fische die, aufgeschnitten und wie Schmetterlinge aufgeklappt, im Teig gewälzt und dann gargebraten wurden. All diese tiefgebackenen Köstlichkeiten hat man übrigens vor dem Reinbeißen in mehrere bereitgestellte Soßen getunkt, und damit man nicht schlabbert hat jeder Gast noch ein risiges (handtuchgroßes) Lätzchen um. -- Zwischendurch reichte man dann noch kleine Schalen mit eingelegtem Gemüse oder frisch geschabtem japanischen Ingwer, und wie schon mehrfach erwähnt, das Ende bildete mal wieder eine köstliche Suppe. Ganz zum Schluß gab es eine Schüssel sehr interessanten Reis´, er war nicht in Wasser, sondern in grünem Tee gekocht und schmeckte sehr ungewöhnlich (aber sehr gut). Der Nachtisch, es gab Papaya Frucht, wurde übrigens in einem kleinen Vorraum eingenommen (wohl damit man an der Theke wieder Platz für andere Tempuragäste hat).
Als Gastgeber habe ich mich kurz vor dem Ende dieses guten Essens diskret verzogen und an der Kasse den Schaden beglichen. Wir waren also 4 Leuchen hier und hatten nicht einmal viel zusammen getrunken, aber das Essen und die Getränke summierte sich auf US$570.- (also damals fast DM 900.-). Kein Wunder daß man sich so etwas nur auf Betriebskosten leisten kann. Meine Finanzbuchhaltung hat ganz schön geschluckt als ich denen später die Abrechnung präsentierte. (Haben mir aber alles erstattet).
Da der Abend noch jung war (und die Firma Toshiba sich revangieren wollte) beschloß man noch auf einen Schluck in eine Bar zu gehen. Na, da kann man auch nicht Nein sagen, sondern muß halt als Handelspartner bei so was mitmachen. Der etwas lustige Toshiba Manager kannte da die richtige Stelle, nur ein paar Häuser vom Restaurant entfernt. Wie so oft spielt sich hier das Nachtleben in den kleineren Seitenstraßen und Gassen ab, alles war hell erleuchtet und es tummelten sich viele Leute (fast alle in Geschäftsanzügen) auf den Straßen. Bald hatte man das Etablissement gefunden; man mußte in die erste Étage steigen, auf eine Klingel drücken, und wurde von Innen erst einmal sehr argwöhnich beäugt; aber dann doch für gut befunden. (Naja, dachte ich, das kann ja lustig werden). Einmal drinnen gab es einen recht kleinen langen Raum, eine Theke an der linken Seite und vielleicht 4 Tische mit bequemen Sesseln auf der Rechten. Außer uns wurde diese Bar noch von einem einzigen anderen Kunden an der Theke bevölkert, aber sowie wir rein kamen erschienen sofort 5 junge Frauen die sich gleich um uns bemühten: Unser Aktentaschen verschwanden irgendwo hinter der Theke, wir wurden an einen Tisch geleitet, und man hatte wohl schon auf japanisch bestellt, denn schon stand eine Flasche Civas Regal (eine sehr teure schottische Whiskymarke) auf dem Tisch und die Gläser waren gefüllt. -- Die Damen setzten sich zu je einem Herrn und man wollte wissen wo man her ist und was man beruflich macht. Für mich als Fremdling hatte man eine Phillipina bereit gestellt, denn die konnte gut Englisch. Die Annimiermädchen hatten die Aufgabe uns die Gläser nach zu füllen: So eine Kneipe nennt sich hier "Hostess Bar" ist zwar sehr teuer, aber ist eigentlich recht harmlos und keineswegs anrüchig, und jedes Kleidungstück blieb brav wo es hingehört. -- Aber der Ärger fing trotzdem erst für mich an, denn es dauerte nicht lange und ich hatte in der Ecke dieser Bar den Fernseher und die Maschine erspäht und mein Herz ist tiefer gerutscht, ---- oh Horror, denn jetzt wußte ich was da kommen würde.
Richtig, es dauerte nicht lange und ein Mikrophon erschien von irgendwo her und dazu eine Mappe die all die Lieder aufführt die man sich hier selber vorschnulzen kann. Ich hatte ein riesengroßes Problem, Neinsagen konnte ich nicht, und singen ist mir so zuwider daß ich mich da schon lieber von der phillipinischen Animierdame über die gängige Popmode amerikanischer Schlagerstarts wie Madonna ausfragen ließ. Aber dann war es soweit, ich war an der Reihe (und oh ja, ich war drann, da half kein Heulen und kein Zähneknirschen) und man presste mir das verhasste Mic in meinen wohlgekämmten Bart. Ich dachte mir vielleicht etwas Deutsches singen, dann fällt es nicht so auf wenn ich ungeheuerlisch falsch los-trällere. Im Buch stand "Edelweiss", also habe ich die Nummer für Edelweiss in die Bedienungsmaschine gehämmert. Das funktionierte so: Man wählt sein Lied und gibt die entsprechende Nummer in diese Karaoke Maschine ein, dann wird ein Videoband automatisch geladen und eine schöne bayrische Landschaft flimmerte über den Bildschrim und der Hintergrunds-Chor fängt an die Melodie zu summen. Dann erscheinen die Worte, - ach je, waren garnicht in Deutsch, die waren alle in Japanisch und Englisch; also diese Worte erscheinen unten auf dem Bildschirm und man fängt an in das (so aufdringliche) Mikrophon zu säuseln. Während man da so singt, ändert sich die Farbe des Textes, so weiß man wo man ist und ob man zu früh oder zu spät dran ist. --- Naja, ich hab also gute Mine zum bösen Spiel gemacht und habe den Anwesenden das Edelweiss sehr schnulzig und mit viel Inbrunst in´s Mikro gehaucht (Der Whisky half natürlich auch etwas die Hemmschwelle abzubauen).
Meine japanischen Kollegen und Geschäftspartner haben übrigens sehr gut gesungen, auch der so schweigsame Manager von Toshiba hat sehr gut musikalisch mitgehalten und sich als richtiges Talent entpuppt. Und die Annimiermädchen wußten wirklich wie man die Töne aus der Maschine lockt, sie hatten sogar die richtige Hüft-Gymnastik um das alles optisch noch zu untermalen. Klang gut, wenn die da ihre japanischen Schlager erschallen ließen. -- Ich für meinen Teil war aber nach dem Alpenbesuch noch nicht aus dem Schneider, denn rund ging die Singerei und bald war ich schon wieder dran. Leider war die Auswahl an englischen Liedern sehr begrenzt, und oft kannte ich die die in Englisch da waren nocht nicht mal. Naja, ich hab´ dann noch den "Tom Dooley" aufgehängt, und "Those were the days my friend" zum Besten gegeben, und man hat sogar kräftig mitgesungen und anschließend begeistert geklascht (wohl weil ich endlich aufhörte). - In der Zwischenzeit war kräftig nachgeschenkt worden, und auch tauchten wieder Eßbarkeiten auf dem Tisch auf, zum Schluß gab es sogar noch einen ganzen Teller gebratener Nudeln zu naschen. - Es bedarf keiner großer Fantasie sich auszumalen was diese kleine Exkursion in das Nachtleben des Asakasa Bezirkes von Tokio die Firma Toshiba wohl gekostet haben mag. Ich glaube mein Abendessen war noch billig gegen die Whiskypreise hier. Aber wie schon gesagt, sowas gehört hier einfach zum normalen Geschäftsleben.
Na, nach so einem anstrengenden und ungewöhnlichen Abend, bin ich in´s Hotel zurück und habe für den morgigen Abflug mein Koffer gepackt und mich (etwas angesäuselt) nochmal sehr zufrieden in das Hotelbett gelegt. - Am nächsten Tag hatte ich noch eine vertrauliche Besprechung (es ging um Personalangelegenheiten) mit meinen Manager-Kollegen hier in Tokio. Man meinte ich solle doch bald mal wieder auf Besuch kommen. - Und um 1 Uhr nachmittags ging der Bus zum Flughafen, und bald schon saß ich wieder im großen silbernen Vogel und flog zurück nach Amerika. Mein zweiter Besuch im Land der Kraniche und der aufgehenden Sonne, dem Land der Yukata Morgenmäntel, der Tatami Matten, der geschälten Weintrauben, und der Karaoke-Singmaschinen, war nun auch schon wieder zu Ende. So Schade.
The End
- Das Ende
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